Zukunftsplanung - Margit-Gratz.de - Mobile Hospiz- und Palliativ-Akademie

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Zukunftsplanung

Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – denn Zukunft kann man bauen.  
(Antoine de Saint-Exupéry)
Gestalten: Wer im Kontext von Hospizarbeit, Palliative Care, Spiritual Care vor der Frage steht, welcher Weg nun der Richtige ist oder wie etwas Neues die handelnden Menschen und bestehenden Strukturen so umfasst, dass es gelebte Realität wird, berührt die Themen rund um Organisationsentwicklung, Personalentwicklung, Implementierung. Ambulante und stationäre Einrichtungen sind den Gründer- bzw. Pionierjahren entwachsen. Als Arbeitgeber und wichtiger Akteur im Gesundheitswesen wird ihnen eine Verantwortung und Professionalität abverlangt, die jenen Einrichtungen außerhalb von Non-Profit-Organisationen in nichts nachsteht. Gemeinsam gilt es, die Zukunft zu gestalten. (Überblick Zukunftsplanung)


Entwicklung von Veränderungen, Perspektiven und Konzepten

Was auch immer die Ursache ist für die Frage „Wie starten wir in eine Neuentwicklung, z.B. in die Gründung eines stationären Hospizes?“ oder „Wie stellen wir uns auf bevorstehende Veränderungen ein, z.B. einen Leitungswechsel?“: es bewegt das ganze System und betrifft alle Beteiligten. Es gilt, das Gute im Bestehenden bewusst zu machen und zu erhalten und das Veränderungsbedürftige neu auszurichten bzw. das Neue zu gestalten.

  • Bestehende Einrichtungen: Ambulante und stationäre Einrichtungen in Hospizarbeit und Palliative Care kommen nach Jahren erfolgreichen Tuns immer wieder an einen Punkt, der etwas mit einem Bedarf nach Neuausrichtung, zumindest nach Veränderung zu tun hat. Dies kann Ursachen haben wie z.B. Vakanzen in Vorstand oder Hauptamt, Leitungswechsel, Neueröffnung einer Hospiz-/Palliativeinrichtung in der Nachbarschaft. Oft verlangen auch Erfolge und positive Entwicklungen (z.B. die Etablierung eines neuen Angebotes, eine neue Kooperation mit einer stationären Pflegeeinrichtung, Neueinstellung aufgrund von Nachbesetzung oder Teamerweiterung) nach einer Veränderung in der Ausrichtung. Viele Einrichtungen befinden sich Jahre nach ihrer Gründung den Pionierjahren entwachsen und stehen als Arbeitgeber mit allen Pflichten vor der Frage, wie sie den Übergang von der Pionierphase in die professionelle Organisation einer Einrichtung des Gesundheitswesens gut bewerkstelligen. Zukunftswerkstätten, Strategietage und andere prozessbegleitende Herangehensweisen sind Instrumente, die Historie und den gegenwärtigen Stand in den Blick zu nehmen, Zielperspektiven zu entwickeln und nächste Schritte zu erarbeiten und umzusetzen.
  • Neugründungen: Besonders bei Neugründungen oder neuen Entwicklungen in bestehenden Systemen stehen Verantwortliche u.a. vor der Aufgabe, Angebote und Arbeitsstrukturen aufzubauen und Teamentwicklung zu gestalten. Sie stehen z.B. vor der Frage „wie schaffen wir eine gute Ausgangsbasis“ oder „wie gestalten wir die personelle und strukturelle Grundlage“. Sollen die Entwicklungen zielorientiert ausgerichtet und die Kultur der Einrichtung gestaltet werden, ist eine Planung des Gründungs- bzw. Weiterentwicklungsprozesses mit konkreten Überlegungen sinnvoll.

Bei der Entwicklung des Prozesses, was Fachkonzeption mit einschließen kann, ist das ganze System mit all seinen Strukturen und Menschen im Blick, die es mit auf den Weg zu nehmen gilt. Die Maßnahmen werden auf die Einrichtung explizit zugeschnitten, was den Bedarf nach einer fundierten Zielentwicklung betont.


Implementierung von Spiritual Care

Ehren- und Hauptamtliche in Spiritualität und Spiritual Care zu schulen, ist das eine. Ein Angebot wie spirituelle Begleitung verlässlich in der Einrichtung zu verankern braucht mehr als Fortbildung. Es erfordert eine Implementierung, die über Organisations- und Personalentwicklung verläuft.

Menschen nicht-seelsorglicher Berufe wie z.B. Pflegefachkräfte, ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen werden häufig mit Fragen nach dem Sinn von Krankheit und dem Warum und mit vielen anderen existenziellen Themen konfrontiert. Es braucht die Kompetenz spiritueller Begleitung, um an den individuellen Kontext des Fragens, Verstehens und Ausdrückens durch einen Bewohner bzw. Patienten anzuknüpfen und die Bedürfnisse und Nöte aufzugreifen. Insbesondere ist dies wichtig bei Menschen, die keinen Deutungs- und Symbolkontext aus einer Religion oder spirituellen Kultur haben, aber aufgrund ihrer Lebens- und Krankheitssituation nach diesen Quellen suchen. Wenn auch nicht-seelsorgliche Mitarbeiter in spiritueller Begleitung von Betroffenen angesprochen sind, stellt sich die Frage, wie diese regelgeleitet (ergänzend zur meist fest etablierten Seelsorge) in die Praxis kommt und mit Seelsorge interprofessionell kooperiert. Der Stellenwert, den spirituelle Begleitung durch nicht-seelsorgliche Berufe hat, ist erst dann anerkannt bzw. spirituelle Begleitung durch nicht-seelsorgliche Berufe hat erst dann eine Chance auf Realisierung, wenn die Einrichtungsleitung Maßnahmen ergreift und Rahmenbedingungen schafft oder verändert, kurz: eine einrichtungsspezifische Organisations- und Personalentwicklung anstößt, um spirituelle Begleitung in der Einrichtung zu verankern.

Literatur:
  • Vgl. am Beispiel Spiritual Care im Kontext Krankenhaus: Gratz M, Reber J (2019) Seelsorge und Spiritual Care als Angebot und Beitrag zur Unternehmenskultur, In: Roser T (Hg.) Handbuch der Krankenhausseelsorge, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage, S. 313-333


Implementierung von Hospizkultur und Palliativkompetenz

Einrichtungen des Betreuten Wohnens und der stationären Pflege tragen Verantwortung dafür, dass Menschen dort gut leben und sterben können. Dazu bedarf es einiger Voraussetzungen. Eine davon ist, dass Hospizkultur und Palliativkompetenz integraler Bestandteil des Begleitungs- und Versorgungskonzepts sind.

Es sind aber Menschen, die dieses Konzept leben und umsetzen. Zielvorgaben der Einrichtung und Bildungsangebote für Mitarbeitende alleine genügen nicht, um etablierte Denkmuster und Arbeitsabläufe zu verändern und Mitarbeitende zu neuen Aufgaben und Handlungsweisen zu motivieren. Die Arbeit mit und an Menschen erfordert über eine intrinsische Motivation hinaus entsprechende Rahmenbedingungen des Trägers, die es ebenso zu überprüfen und zu verändern gilt. Um Hospizkultur und Palliativkompetenz zu verankern, bedarf es deshalb eines Implementierungsprozesses. Ein einrichtungsspezifisches Verfahren, das Strukturen und Menschen gleichermaßen im Blick hat, wird dazu beitragen, dass der Geist von Hospizarbeit und Palliative Care bei den zu begleitenden, betreuenden, pflegenden Menschen spürbar wird.

Literatur:
  • Gratz M, Kremer-Hartmann A, Roser T (2015) Hospiz- und Palliativkultur in den Residenzen des Augustinum. Einblicke in eine Projektentwicklung, In: Radbruch L, Hesse M, Pelttari L, Scott R (Hg.), Ehrenamt in allen Facetten. Einblicke in den Einsatz Ehrenamtlicher in Palliative Care aus sieben Ländern, zusammengetragen im März 2014, Bonn: Pallia Med Verlag, S. 95-102
  • Gratz M, Kremer-Hartmann A, Roser T (2017) Betreutes Wohnen. Die geriatrische Verlaufskurve: Eine Chance zur Individualisierung, In: Pflegezeitschrift. Fachzeitschrift für stationäre und ambulante Pflege, 70 (1): 15-19
  • Rösch E, Gratz M, Roser T (2016) Hospiz- und Palliativbeauftragte im Gesundheitswesen, In: Zeitschrift für Palliativmedizin, 17 (3): 120-126

Entwicklung einer Fehlerkultur

Fehler passieren in allen ambulanten und stationären Einrichtungen – diese menschliche Realität scheint in Zeiten von Qualitätsmanagement, Zertifizierung, Leistungsorientierung widersprüchlich oder zu stören. Sie aber zu ignorieren hilft nicht weiter, weder im Privaten noch im Beruflichen. Auch eine Hospiz- bzw. Palliativeinrichtung ist vor Fehlern nicht geschützt. Verständlich, denn dort arbeiten Menschen. Menschlich. Das ist es ja auch, was von ihnen erwartet wird und genau das ist es, was der Hospizbewegung im positiven Sinne nachgesagt wird. Was liegt näher, als Fehler ernst zu nehmen. Um diesen Spannungsbogen aus Professionalisierung und Menschlichkeit in all seinen Facetten zu halten, kann die Entwicklung einer Fehlerkultur, ein menschlich-professioneller Umgang mit Fehlern, der organisational verankert ist, ein Weg sein. Das Verändern und Entwickeln einer Kultur ist kein ausschließlich formaler konzeptioneller Prozess. Es geht primär um Menschen – jene Menschen, die Fehler zu vermeiden suchen, aber auch Fehler machen und korrigieren und ihren persönlichen Umgang mit Fehlern haben. Das bedeutet, dass die Grundeinstellung der Mitarbeitenden im Umgang mit Fehlern für die Fehlerkultur einer Einrichtung eine entscheidende Rolle spielt. Die Entwicklung und Etablierung einer Fehlerkultur bedarf daher eines einrichtungsspezifischen Implementierungskonzepts, das Strukturen und Menschen gleichermaßen berücksichtigt.

Literatur:
  • Gratz M (2020) Fehlerkultur in Hospizarbeit und Palliative Care, In: Hospizzeitschrift 22 (2): 30-33

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